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Die Bedeutung der Urlaubsansprüche im deutschen Arbeitsrecht

Das deutsche Urlaubsrecht wird stark von europäischen Vorgaben beeinflusst. Dies betrifft sowohl die europäische Grundrechtecharta als auch die Arbeitszeitrichtlinie 2003 / 88 / EG und verschiedenste in der Vergangenheit getroffene Urteile des Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dadurch gab es in jüngerer Zeit einige Veränderungen, die für Unsicherheiten und Anpassungsbedarf gesorgt haben. In diesem Artikel geben wir einen kompakten Überblick über diese Veränderungen und zeigen, welche Pflichten Arbeitgeber haben.

Im November 2018 entschied der EuGH, dass Arbeitgeber ihre Angestellten über ihre bestehenden Urlaubsansprüche informieren müssen. Dieses Urteil wurde vom Bundesarbeitsgericht (BAG) im Februar 2019 in nationales Recht übertragen. Danach müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter*innen explizit dazu auffordern, ihren Resturlaub innerhalb des Bezugszeitraums zu nehmen. Gleichzeitig müssen sie klar und rechtzeitig mitteilen, dass nicht genommener Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder des zulässigen Übertragungszeitraums verfällt. Bei langer Arbeitsunfähigkeit erlischt der Urlaubsanspruch nach BAG-Ansicht nach 15 Monaten, wenn der/die Arbeitnehmer*in seit Beginn des Urlaubsjahres bis zum 31. März des Folgejahres durchgehend arbeitsunfähig war. Dies gilt dann unabhängig davon, ob der Arbeitgeber seinen Pflichten nachgekommen ist.

Das BAG hat diese Rechtsprechung später weiterentwickelt: Wenn ein/e Arbeitnehmer*in im laufenden Kalenderjahr erkrankt und länger ausfällt, erlischt der Urlaubsanspruch nach Ablauf von 15 Monaten nur dann, wenn der Arbeitgeber im Urlaubsjahr des Krankheitseintritts seinen Pflichten nachgekommen ist.

In einer Entscheidung vom 31.01.2023 differenzierte das BAG weiter: Erkrankt ein/e Arbeitnehmer*in so früh im Urlaubsjahr, dass der Arbeitgeber ihn/sie tatsächlich nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs auffordern konnte, erlischt der Urlaubsanspruch nach Ablauf der 15-Monatsfrist trotz fehlender Mitwirkungspflicht des Arbeitgebers. Das BAG betonte, dass der Arbeitgeber bis zum Ende der ersten Arbeitswoche eines jeden neuen Jahres auf die bestehenden Urlaubsansprüche und deren Verfall hinweisen muss.

Hinsichtlich des Urlaubsabgeltungsanspruchs nach § 7 IV BUrlG gelten allgemeine gesetzliche Verjährungsregelungen oder vorhandene tarifliche Ausschlussfristen. Der Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs unterliegt somit den üblichen Regelungen der Verjährung oder tariflichen Verfallsfristen (z. B. die dreimonatige Ausschlussfrist gemäß § 20 RTV PATT). Der Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch kann also schon wenige Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verfallen.

Da der Urlaubsanspruch im Unionsrecht eine entscheidende Bedeutung hat und arbeitnehmerfreundlich ausgelegt wird, ist zukünftig mit weiteren Mitwirkungsverpflichtungen von Arbeitgebern im Zusammenhang mit dem Thema Urlaub zu rechnen, um unerwünschte Nachforderungen und „Altlasten“ zu vermeiden.

Symbolbild Urlaub