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Annahmeverzug nach Kündigung – Neue Maßstäbe in der Rechtsprechung

Auf dem diesjährigen Kongress Arbeitsrecht 2025 in Berlin stellte Dr. Marc Spielberger wegweisende Entwicklungen zur Thematik des Annahmeverzugs und der Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach Kündigung vor. Für Arbeitgeber ist dieses Thema von hoher Relevanz – insbesondere bei strategischen Personalentscheidungen und arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen.

Was bedeutet Annahmeverzug im Arbeitsverhältnis?

Wenn ein Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet wird, der/die Arbeitnehmer*in aber im Kündigungsschutzprozess erfolgreich ist, lebt das Arbeitsverhältnis rückwirkend fort. Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug – er muss dem/der Arbeitnehmer*in die Vergütung nachzahlen, obwohl keine Arbeitsleistung erbracht wurde. Das Gesetz (§ 11 KSchG) erlaubt jedoch eine Anrechnung dessen, was der/die Arbeitnehmer*in in dieser Zeit tatsächlich verdient hat oder böswillig zu verdienen unterlassen hat.

Neue Entwicklungen durch das BAG

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat seine Rechtsprechung in mehreren Urteilen aus den Jahren 2020 bis 2025 präzisiert:

  • Erweiterter Auskunftsanspruch: Arbeitgeber dürfen Informationen darüber verlangen, welche Vermittlungsvorschläge die Arbeitsagentur dem/der Arbeitnehmer*in unterbreitet hat. Dies erleichtert es, Indizien für ein mögliches böswilliges Unterlassen anderweitiger Erwerbsarbeit zu liefern.
  • Verpflichtung zur Mitwirkung: Arbeitnehmer*innen müssen sich aktiv um zumutbare Arbeit bemühen – nicht nur formell, sondern auch inhaltlich ernsthaft. Ein bloßes Erscheinen auf Vermittlungsvorschläge genügt nicht.
  • Böswilligkeit bei Ablehnung oder Verschleppung: Wer Vermittlungsangebote ignoriert oder sich bewusst schlecht bewirbt (z. B. durch unpassende Unterlagen oder Hinweise auf laufende Klagen gegen den Ex-Arbeitgeber), riskiert den Verlust des Vergütungsanspruchs.
  • Kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes während der Freistellungsphase: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kürzlich klarstellend entschieden, dass ein/e Arbeitnehmer*in, nachdem er/sie vom Arbeitgeber gekündigt und anschließend freigestellt wurde, nicht verpflichtet ist, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderweitiges Beschäftigungsverhältnis einzugehen (BAG, Urteil vom 12.02.2025, Az.: 5 AZR 127/24).

Was bedeutet das für Arbeitgeber?

Als Arbeitgeberverband PATT weisen wir unsere Mitglieder auf folgende Punkte hin:

  • Rechtsklarheit: Die Entscheidungen stärken die Position von Arbeitgebern in Annahmeverzugsfällen – insbesondere bei Verdacht auf passives Verhalten des/der gekündigten Arbeitnehmer*in.
  • Beweislast bleibt beim Arbeitgeber: Trotz neuer Möglichkeiten bleibt es essenziell, systematisch Nachweise über zumutbare Arbeitsmöglichkeiten und Bewerbungsversuche zu sichern.
  • Gestaltung von Freistellungen: Bei einseitiger Freistellung während der Kündigungsfrist ist Vorsicht geboten – der Vergütungsanspruch bleibt bestehen, wenn keine klare Pflichtverletzung des/der Arbeitnehmer*in nachweisbar ist

Fazit: Neue Chancen – aber auch neue Pflichten

Die aktuelle Rechtsprechung bringt Bewegung in die Annahmeverzugsdebatte. Arbeitgeber können heute mehr denn je aktiv an der Begrenzung von Lohnrisiken nach Kündigungen mitwirken. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an Dokumentation, Kommunikation und strategische Prozessführung.

Als PATT unterstützen wir unsere Mitglieder mit:

  • rechtlicher Beratung und Prozessbegleitung
  • aktuellen Informationen zu arbeitsrechtlichen Entwicklungen
  • Seminaren zu aktuellen Entwicklungen im Arbeitsrecht

 

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